Schwache Blase - was tun? Ursachen & Hilfe bei Inkontinenz
Jeder hat die eine Freundin, die immer noch „schnell auf Toilette muss“. In jungen Jahren ist das meist kein Problem, solange eine Toilette in Sicht ist. Je älter man wird, nach Entbindungen oder nach Blasenentzündungen, kann das „Ständig-auf-die-Toilette-rennen“ aber zu einer Belastung werden. Obwohl viele Frauen unter einer Blasenschwäche leiden, ist das Thema oft noch tabu.
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Inkontinenz betrifft jede/n Achte/n
Während die „Schwache Blase“ kein klar definierter Begriff ist, gibt es in der Medizin den Ausdruck der Inkontinenz. Darunter versteht man einen unfreiwilligen Harnverlust. Das kann ein „kleines Missgeschick“ sein, z.B. beim Husten oder Sport machen. Inkontinenz kann aber auch drastischere Ursachen haben, wie z.B. durchgehend den Drang zu verspüren auf Toilette zu müssen. Der Anteil an Menschen in Deutschland, welche unter einem unkontrollierten Urinverlust leiden, steigt mit dem Alter. Aber auch in der Altersspanne von 18- bis 40-Jährigen sind bereits 6% betroffen. Zwischen 41 und 60 Jahren steigt der Anteil auf rund 9% und bei über 60-Jährigen leiden rund 23% unter einer Inkontinenz. Frauen sind dabei deutlich häufiger betroffen als Männer (Beutel et al. 2005).
Einschränkungen und Leidensdruck sind erheblich
Laut einer Befragung unter Menschen mit Inkontinenz verspüren viele Betroffene einen hohen Leidensdruck (Beutel et al. 2005). Dabei sind es v.a. junge Menschen, die sich in ihrem alltäglichen Leben eingeschränkt fühlen. Die Belastung gehen sogar so weit, dass in allen Altersgruppen die Lebensqualität bei Betroffenen schlechter ist als bei Befragten ohne Blasenschwäche. Viele Menschen mit Inkontinenz beklagten auch weitere Symptome wie Schmerzen im Unterbauch, Ermüdung und Einschränkung des Sexuallebens (Beutel et al. 2005).
Eine andere Studie fand zudem heraus, dass viele Ärzte die psychische Belastung der Patientinnen und Patienten unterschätzen (Rodríguez et al. 2003). Das kann dazu führen, dass Therapieschritte erst später begonnen werden.
Blasenschwäche kann viele Ursachen haben
Der unfreiwillige Abgang von Urin ist ein Symptom hinter dem verschiedene Grunderkrankungen stehen können. Es ist wichtig zu wissen, welche Art von Inkontinenz bei einer Patientin oder einem Patienten vorliegen, um eine optimale Therapie zu ermöglichen. Daneben gibt es aber auch Tipps und Strategien, die alle Patientinnen und Patienten das Leben erleichtern können.
Belastungsinkontinenz
Bei der Belastungs- oder Stressinkontinenz tritt ein ungewollter Urinabgang bei erhöhtem Druck auf die Blase auf. Bei leichter Inkontinenz handelt es sich oft um tröpfchenweisen Harn bei Niesen, Lachen oder Anspannen der Bauchdecke. Dadurch erhöht sich der Druck im Bauchraum und somit auch auf die Blase. Je höhergradig die Inkontinenz, desto geringer müssen die Belastungen sein, um zu Urinabgang zu führen. Unter Umständen kann es schon im Liegen zu einem Harnverlust kommen (Gätje et al. 2015). Der Grund dafür ist ein unzureichender Verschlussmechanismus der Harnröhre (Beutel et al. 2005).
Häufige Ursachen der Belastungsinkontinenz
Der mangelnde Verschluss der Harnröhre kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Dazu zählen z.B. Verletzungen und Überdehnung des Beckenbodens, einige Frauen haben auch einfach ein schwaches Bindegewebe. Ein häufiger Grund für die Überdehnung des Beckenbodens sind Geburten. V.a. Mehrfachgebärende oder ein Dammriss während der Entbindung kann zu einer Inkontinenz führen (Gätje et al. 2015).
Aber auch erhöhter Druck aus dem Bauchraum bei starkem Übergewicht oder selten Tumoren, kann zu einer Überbelastung führen. Entsprechend konnte durch eine Gewichtsabnahme oft bereits eine Besserung der Inkontinenz festgestellt werden.
Vorfall oder Senkung der Gebärmutter und des Beckenbodens
Im höheren Alter kann es durch die Schwäche des Halteapparates und des Beckenbodens bei Frauen zu einem Absinken der Beckenorgane kommen. Oft sind die Vagina und die Gebärmutter betroffen. Blase und Enddarm können davon mitgezogen werden. Bei einer Senkung sprechen Medizinerinnen und Mediziner von einem Descensus, bei einem Vorfall von einem Prolaps. Bei Frauen um das 80. Lebensjahr sind bis zu 10% betroffen. Die Symptome entsprechen einer Belastungsinkontinenz. Dazu kommen eventuell Schmerzen und Verstopfungen. Der Frauenarzt oder die Frauenärztin können die Senkung oder den Vorfall bei der gynäkologischen Untersuchung erkennen, indem die Frauen ihren Bauch anspannen (Gätje et al. 2015).
Dranginkontinenz
Neben der Belastungsinkontinenz ist eine weitere häufige Form die Dranginkontinenz. Betroffene empfinden einen hohen Druck auf Toilette gehen zu müssen. Sie haben das Gefühl „sich in die Hose zu machen“. Wenn nicht schnell genug eine Toilette erreicht wird (dabei handelt es sich aber manchmal nur um Sekunden), kann der Harn nicht gehalten werden und es kommt zu einem Urinverlust. Dies entsteht durch eine erhöhte Aktivität des Blasenmuskels. Die Symptome können auch in der Nacht bestehen (Beutel et al. 2005).
Mischinkontinenz
Gar nicht so selten, kommt es zu einer Mischform zwischen Belastungs- und Dranginkontinenz. Patientinnen und Patienten leiden dann unter einem starken und andauernden Harndrang und haben einen Urinverlust z.B. beim Husten (Beutel et al. 2005).
Spezielle Formen der Blasenschwäche
Neben den genannten häufigen Arten des Harnverlusts, kann es auch im Rahmen von Erkrankungen zu speziellen Formen kommen. Bei älteren Männern kann es bei einer Vergrößerung der Prostata zu einem Aufstau des Urins in der Blase kommen. Wenn die Blase zu voll wird, kann es zu einem unfreiwilligen Urinverlust kommen. Auch Erkrankungen der Nerven oder des Gehirns können zu einer Inkontinenz führen. Hier sind spezielle Therapien nötig.
Chronische Blasenentzündung
Ein spezielles Krankheitsbild ist die chronische Blasenentzündung. Häufig sein es Frauen, die unter häufigem Harndrang und Schmerzen beim Wasserlassen leiden. Die Symptome entstehen durch eine andauernde Reizung der Blase z.B. durch Bakterien. Es kann aber auch andere Ursachen geben. Für viele Frauen entsteht durch den dauernden Harndrang eine große Angst, dass es zu einem plötzlichen Harnverlust kommt, was zu großen Einschränkungen im Alltag führen kann.
Untersuchungen für die richtige Diagnose
Der erste Schritt zur Diagnose ist den richtigen Ansprechpartner zu finden. Spezialisiert auf Fragen der Blasenkontinenz sind Gynäkologen und Urologen. Viele Hinweise auf die richtige Diagnose erhalten sie bereits durch die Anamnese. Weiterhin kann ein Tagebuch über den Urinverlust und den Toilettengang sinnvoll sein. Wichtig ist es mit dem Ultraschall zu kontrollieren, ob sich nach dem Wasserlassen noch Urin in der Blase befindet. Beim sogenannten Pad-Test wird durch das Gewicht einer Einlage untersucht wie viel Urin ungewollt abgeht. Sollte es Hinweise auf eine Blasenentzündung geben, kann außerdem der Urin untersucht werden. Die Ärztin oder der Arzt sollte sich natürlich die Genitalien ansehen, um eventuelle Auffälligkeiten zu erkennen. In manchen Fällen ist eine weitere Diagnostik, z.B. eine Druckmessung in der Blase und eine Analyse der Dynamik beim Urinieren nötig (Reisenauer et al. 2013).
Hilfe bei schwacher Blase
Obwohl Inkontinenz ganz verschiedene Ursachen haben kann, gibt es allgemeine Empfehlungen, die Patientinnen und Patienten unterstützen können. Ausreichend Flüssigkeitszufuhr verhindert Blasenentzündungen. Beckenbodentraining kann sogar präventiv wirksam sein. Die richtigen Hygieneprodukte, um sicher den Alltag zu meistern und passende Körperhygiene, können den Leidensdruck mindern.
Blasen- und Verhaltenstherapie
Um sich dem eigenen Körper besser bewusst zu werden, wird ein Trink- und Miktitionstagebuch geführt. Das bedeutet man notiert sich wann Harndrang besteht, wann man auf Toilette war oder es zu ungewolltem Urinverlust kam. Auch ein Wasserlassen nach Uhr kann die Blase trainieren und Symptome lindern (Kretschmer and Bauer 2018).
Starke Muskulatur gegen schwache Blase - Beckenbodentraining kann helfen
Gerade bei der häufigen Form der Belastungsinkontinenz, aber auch bei der Dranginkontinenz kann ein Training der Muskulatur im Becken helfen. Die Beckenbodenmuskulatur unterstützt den Schließapparat der Blase und kann durch Übungen geschult werden. Diese Übungen sollten am besten unter Anleitung im Einzel- oder Gruppentraining erlernt werden. Schwangeren Frauen wird bereits während der Schwangerschaft empfohlen den Beckenboden zu trainieren. Aber auch ältere Patientinnen und Patienten sollten sich nicht vor dem Training scheuen. Mittlerweile gibt es verschiedene Methoden um sich individuellen Bedürfnissen und Können anzupassen (Reisenauer et al. 2013).
Sicherheit durch Binden und Einlagen
Um entspannt dem Alltag nachzukommen, helfen Produkte, die den Urin sicher auffangen können. Dabei ist es wichtig Produkte mit einer hohen Saugkraft zu nutzen. Es gibt zahlreiche Produkte speziell für Urinverlust, die v.a. bei größeren Mengen an Urin zu empfehlen sind. Sie nehmen die Flüssigkeit besser auf als z.B. Periodenprodukte und schonen damit auch die Haut (Gray et al. 2002). Mittlerweile gibt es auf dem Markt eine Vielzahl an Produkten, von speziellen Binden, klassischen Einlagen bis hin zu kaschierenden Höschen, die nichts mit Windeln für Erwachsene zu tun haben. Bei einem hohen Volumen an Urin können Kosten für Material auch von der Krankenkasse übernommen werden.
Nachhaltige Produkte können den Alltag erleichtern
Unsere ALMO-Produkte - speziell in starken Saugstärken - sind bei Inkontinenz geeignet. Für Frauen nach der Geburt mit einer leichten Belastungsinkontinenz bei starker Belastung reichen oft Binden aus. Nutzt man diese täglich kann dies natürlich teuer werden. Waschbare Binden aus Baumwolle sind hier eine nachhaltige und sparsame Alternative. Gleichzeitig enthalten sie keine Chemikalien, welche die Haut zusätzlich reizen könnten.
Gerade für junge Frauen, die unter Blasenschwäche leiden, können Periodenslips eine gute Alternative darstellen. Sie sind diskret, tragen nicht auf und haben eine gute Saugkraft. Dabei fühlt man sich nicht als würde man eine Windel tragen und hat trotzdem das Gefühl von Sicherheit.
Gerade bei Anbietern von nachhaltigen Periodenprodukten lassen sich einige Produkte gut für Blasenschwäche umwandeln. Sogenannte Wetbags sind beschichtete Baumwolltaschen in denen sich nasse Einlagen, Windeln (auch für Kinder) und Periodenslips sicher transportieren lassen und dabei durch schöne Stoffe nicht negativ auffallen.
Wenn Frau doch „nur“ unter häufigem Harndrang leidet, kann eine Stehpinkelhilfe nützlich sein. Damit kann jederzeit, ähnlich wie beim Mann, im Stehen Wassergelassen werden. Hilfreich bei langen Autofahrten oder anderen Aktivitäten bei denen nicht immer eine Toilette verfügbar ist.
Die richtige Hautpflege
Wenn die Haut öfter Kontakt zu Urin hat, kann dies das Gleichgewicht der Haut auf verschiedenen Ebenen stören. Zum einen ändert sich der pH, zum anderen kann die Haut durch andauernde Feuchtigkeit und Reibung gestresst werden. Im schlimmsten Fall kann es zu einer Hautinfektion im Genitalbereich kommen. Vorbeugen lässt sich dies aber durch eine passende Pflege. Wichtig ist das regelmäßige Reinigen der Region. Ziel ist es die Haut möglichst trocken und sauber zu halten. Empfohlen werden weiche, feuchte Tücher. Dabei sanft wischen und nicht kräftig rubbeln. Hautfalten sollten vorsichtig auseinandergezogen werden, um alle Bereiche zu reinigen. Spezielle Reinigungslotionen sind umstritten, da sie die Haut noch mehr reizen können. Genauso sollte auf Produkte mit Duftstoffen verzichtet werden. In regelmäßigen Abständen sollten Cremes oder Lotionen aufgetragen werden, welche helfen die natürliche Barrierefunktion der Haut aufrechtzuerhalten (Gray et al. 2002).
Medikamente gegen eine schwache Blase
Gerade bei der medikamentösen Behandlung ist es wichtig zu wissen um welche Art der Inkontinenz es sich handelt. Die Therapieansätze sind dann ganz unterschiedlich. Bei Frauen in der Menopause kann eine lokale Anwendung von Östrogenen im Genitalbereich Symptome reduzieren. Weitere Medikamente sind Duloxetin und Medikamente, die den Parasympathikus hemmen. Diese Medikamente heilen aber die Inkontinenz nicht und können nur Symptome lindern. Natürlich haben sie auch Nebenwirkungen, welche nicht selten zum Abbruch der Therapie führen (Kretschmer and Bauer 2018; Reisenauer et al. 2013).
OPs
Als letzten Schritt kann eine Operation in Erwägung gezogen werden. Für eine Belastungsinkontinenz werden häufig Bänder um die Harnröhre gelegt, welche bei erhöhtem Druck auf die Blase, die Harnröhre verschließen (Reisenauer et al. 2013). Frauen mit einer Senkung oder einem Vorfall kann eine OP angeboten werden bei der die Haltestrukturen gestrafft oder Netze eingebracht werden, welche den Halteapparat stärken. Bei älteren Frauen und starken Symptomen, kann eine Entfernung der Gebärmutter erwogen werden. Die Entscheidung welche Therapie in Frage kommt, muss individuell für jede Frau mit dem Arzt oder Ärztin besprochen werden (Gätje et al. 2015).
Keine Scham bei Problemen
Das Wichtigste bleibt sich nicht für seine schwache Blase zu schämen! Da so viele Frauen und Männer darunter leiden, lohnt es sich das Thema im Freundeskreis offen zu besprechen. Auch bei Ärztinnen und Ärzten sollte man die Symptome ehrlich ansprechen. Denn das Thema sollte kein Tabu sein, sondern ist ein Symptom für verschiedene Erkrankungen, für die es viele Lösungen gibt.
Quellen und Literaturverzeichnis
Beutel, ME, et al. (2005), 'Prävalenz der Urininkontinenz in der deutschen Bevölkerung', Der Urologe, Ausgabe A, 44 (3), 232-38.
Gätje, Regine, et al. (2015), Kurzlehrbuch Gynäkologie und Geburtshilfe (Georg Thieme Verlag).
Gray, M., Ratliff, C., and Donovan, A. (2002), 'Tender mercies: providing skin care for an incontinent patient', Nursing, 32 (7), 51-4.
Kretschmer, Alexander and Bauer, Ricarda M. (2018), 'Konservative Therapiemöglichkeiten der weiblichen Inkontinenz', Aktuelle Urol, 49 (01), 73-77.
Reisenauer, Christl, et al. (2013), 'Interdisziplinäre S2e-Leitlinie für die Diagnostik und Therapie der Belastungsinkontinenz der Frau', Geburtsh Frauenheilk, 73, 1-5.
Rodríguez, L. V., et al. (2003), 'Discrepancy in patient and physician perception of patient's quality of life related to urinary symptoms', Urology, 62 (1), 49-53.
Über die Autorin
Katharina Ruppert studierte Humanmedizin in Erlangen und Mainz. Seit 2022 ist sie als Ärztin in Mainz an der Kinderklinik tätig. In ihrer Freizeit spielt sie Oboe und geht gerne wandern. Bei Almo ist ihr wichtig, Frauen aktuelle wissenschaftliche und medizinische Erkenntnisse verständlich zu vermitteln.